Kapellen im Landkreis Aschaffenburg - Chronik der Kapelle

Nur die Kapelle kam nicht aufs Kuhfuhrwerk

Das Hüttenberger Kirchlein ist das letzte Überbleibsel einer untergegangenen Siedlung - 1650 erbaut, 2000 wieder eingeweiht.

Mömbris-Mensengesäss
Tatkräftigen Bürgern vor allem aus Mensengesäß ist es zu verdanken, dass das Kleinod Hüttenberger Kapelle erhalten bleibt. Das Bergkirchlein ist nicht nur beliebtes Ausflugsziel für Wanderer: Es ist auch der letzte Hinweis auf einer untergegangenen Siedlung.  
Die Hüttenberger Kapelle - in Schuss gehalten von den 150 Mitgliedern des Erhaltungsvereins. Michael Hofmann Wer zur Hüttenberger Kapelle hinaufsteigt, rund anderthalb Kilometer nördlich von Mensengesäß, sieht nicht viel mehr als eine vorbildlich renovierte Kapelle, die den vierzehn Nothelfern geweiht ist. Rund 150 Meter davon entfernt entdeckt man noch eine Art Felsenkeller, der allmählich einbricht und eine zwölf Meter lange Bruchsteinmauer - die letzten Fragmente von Hüttenberg, einem untergegangenen Hofgut.

1889 letztes Gebäude abgebrochen 1889 war es mit dem Hüttenberger Hof endgültig vorbei: Das zuletzt dort stehende Gebäude wurde abgebrochen, die Balken, Fenster, Türen, Tür- und Treppensteine, Dachziegel und Bruchsteine wurden mit Kuhfuhrwerken nach Gunzenbach und Angelsberg gebracht. Dort bauten die Käufer, Wilhelm Freund und Josef Bathon aus Gunzenbach und Josef Hofmann aus Angelsberg, die Fachwerkbauten wieder auf.

Dabei wurde der Hüttenberger Hof dreigeteilt: Das Erdgeschoss und das Obergeschoss dienten jeweils als Grundlage für ein eigenes Haus, eine Scheune kam nach Angelsberg. 2100 Mark hatten die Erwerber dafür auf den Tisch gelegt. Die zu Hüttenberg gehörigen Grundstücke wurden an Landwirte aus Mensengesäß, Dörnsteinbach und Oberschur verkauft. Damit war das Ende einer Siedlung besiegelt, die mindestens schon im Jahr 1510 bestanden haben muss - mit dieser Jahreszahl hat man beim Abbruch Dachziegel gefunden.

Auch eine Branntweinbrennerei dürfte es in Hüttenberg gegeben haben. Im Staatsarchiv ist das Konzessionsgesuch eines August Hof aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu finden.

Aus Ehrfurcht verschont Die abgelegene Lage dürfte für das Hofgut aber das wirtschaftliche Aus befördert haben. Im Kaufpreis von 1889 war eigentlich auch die Kapelle mit enthalten gewesen. Doch wohl aus Ehrfurcht hat man die Bergkapelle nicht beseitigt, sondern für die Nachwelt stehen gelassen.

Die Kapelle selbst stammt von 1650. Ihre Entstehungsgeschichte ist nicht gesichert. Bruno Rosenberger vom Verein zur Erhaltung der Hüttenberger Kapelle weiß von einem möglichen Ursprung: Der Hüttenberger Bauer sei in Krombach im Wirtshaus gewesen, als ihm plötzlich jemand sagte, er müsse schnell nach Hause.

Daheim angekommen, kam er gerade noch rechtzeitig, um seine Frau aus den Fängen eines Landstreichers zu retten, der sie erstechen wollte. Zum Dank habe der Bauer die Kapelle errichtet.

Jahrhundertelang wurde sie von den Hüttenbergern gepflegt; doch nach dem Verkauf 1889 setzte der Niedergang ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg drohte das Kapellchen zu verfallen. Spender aus Mensengesäß brachten Geldmittel auf und ließen das Gebäude gründlich renovieren. Danach wurde das Kapellchen sogar Gegenstand eines Gerichtsstreites: Ein Mömbriser Bürger machte Besitzrechte geltend und bekam auch Recht.

Heiligenfiguren in Pfarrkirche Nach dessen Tod verkaufte die Erbengemeinschaft die Heiligenfiguren aus der Kapelle für rund 15 000 Euro an die Mömbriser Pfarrgemeinde; sie stehen nunmehr gesichert in der Pfarrkirche Cyriakus in Mömbris. Im Übrigen war es der Erbengemeinschaft aber nicht möglich, die anfallenden Kosten für den Erhalt der Kapelle zu tragen. Da schaltete sich die Direktion für ländliche Entwicklung (DLE) in Würzburg ein: Für 30 000 Euro kaufte sie die denkmalgeschützte Nothelfer-Gebetsstätte, um sie unmittelbar an den Kapellenbauverein in Mensengesäß weiterzuveräußern. Spenden machten es möglich.

Der hatte sich im Dezember 1995 gegründet und hatte ursprünglich eine neue Kapelle bauen wollen - an ganz anderer Stelle außerhalb von Mensengesäß. Doch dank des Einsatzes der DLE, das heute noch vom Verein gelobt wird, kam es anders - und der Verein wurde Eigentümer der Hüttenberger Kapelle. Am 29. Januar wurde die Kapelle in Besitz genommen. Dementsprechend benannte der Verein sich 1998 um in den "Verein zur Erhaltung der Hüttenberger Kapelle". Aus acht Mitgliedern vom Beginn sind heute 150 geworden.

Aufwändige Restaurierung Vom 1997 bis April 2000 dauerten die aufwändigen Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten, die Bruno Rosenberger mit seinen freiwilligen Helfern vornahm. Auch der nahe gelegene Bildstock von 1757, der schon 1962 vom Aschaffenburger Bildhauer Hermann Reichert restauriert worden war, erstrahlte danach in neuem Glanz und steht wieder an seinem angestammten Platz. Am 7. Mai 2000 weihte Kaplan Dr. Louis Wemalowa die Kapelle wieder ein.

Die Kapelle verbindet alle umliegenden Ortschaften: Pilger und Ausflügler aus Dörnsteinbach, Oberschur, Krombach und Mensengesäß kommen auf den Hüttenberg, die Trachtler ebenso wie die Rosenkranzbeter.

Der Erlös des alljährlichen Kapellenfestes dient der Erhaltung und der Schuldentilgung. Vor zwei Jahren konnte damit sogar ein zweiter, ein modern gestalteter Marien-Bildstock, errichtet werden. Michael Hofmann

Quelle: Main-Netz.de